Du möchtest nach dem Abi nicht gleich studieren, sondern erst ein Gap Year machen? Oder du brauchst eine Auszeit von deinem bisherigen Job? Ich habe in meinem Gap Year mehrere Monate als Fotografin auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik verbracht. Vielleicht wäre die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff ja auch für dich genau das Richtige. In meinem Erfahrungsbericht erzähle ich dir, wie es ist, „zur See zu fahren“ und gebe dir hilfreiche Tipps rund um den Bewerbungsprozess und das Leben und Arbeiten auf einem Schiff.
Inhalt
Abitur geschafft und was jetzt?
Genau so ging es mir vor ungefähr einem Jahr. Ich hatte keine Ahnung, was ich studieren wollte – das Einzige was ich sicher wusste, war, dass ich erstmal eine Pause brauchte. Durch die ganzen Lockdowns und Einschränkungen in meinen letzten Schuljahren waren Schullandfahrten wie die Berlinreise in der zehnten und die Studienfahrt in der zwölften Klasse ausgefallen. Deshalb wollte ich nun, wo ich endlich „frei“ war, in erster Linie reisen. Und am liebsten sogar für eine längere Zeit ins Ausland gehen.
Im Sommer ging es für mich also zuerst mit zwei Freundinnen auf einen Camper-Roadtrip durch Skandinavien (der Blogbeitrag hierzu folgt noch). Danach war ich mit der Familie in Kanada und den USA. Die Berichte über unseren Nova Scotia Roadtrip und die Rundreise durch New Brunswick kannst du bereits auf dem Blog lesen. Weitere Beiträge zu unserer Reise durch Neuengland folgen.
Während ich unterwegs war, endeten die ganzen Bewerbungsfristen für ein Studium im Wintersemester. Mein Entschluss, ein Gap Year nach dem Abi zu machen, stand also definitiv fest. Jetzt musste nur noch ein Plan her, wie ich die nächsten 10 Monate verbringen wollte. Schon längere Zeit wollte ich ein Praktikum im Bereich Journalismus machen. Ich bekam auch die Zusage eines großen Verlagshauses in Hamburg, jedoch erst für das nächste Frühjahr. Den ganzen Winter musste ich daher noch überbrücken, denn nur zuhause herumsitzen wollte ich auf gar keinen Fall.
Pläne fürs Gap Year
Ich bewarb mich also für alle möglichen Jobs im Ausland. Zum Beispiel als Kellnerin in Lappland, um Weihnachten im hohen Norden zu verbringen. Durch Zufall sah ich bei meinen Bewerbungen dann eine Anzeige zum Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff. Dort werden immer neue Besatzungsmitglieder für die verschiedensten Stellen gesucht. Nach meiner spontanen Bewerbung als Fotografin an Bord ging alles ganz schnell. Keine drei Wochen später war ich in der Dominikanischen Republik und stieg auf mein Zuhause für die nächsten Monate auf.
Beim Thema Gap Year nach dem Abi denken die meisten sicher an Work and Travel in Neuseeland, Australien oder Kanada. Oder viele machen ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) nach dem Abi. Aus meinem ursprünglichen Plan, einen Teil meines Gap Years in Nordeuropa zu verbringen, wurde also recht unerwartet ein Auslandsaufenthalt auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik.
Meine Tipps fürs Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff
Du hast noch keinen Plan, was du nach dem Abitur machen möchtest? Dann überleg dir doch einmal, ob das Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff nicht auch was für dich wäre. Hier kommen meine Tipps und Erfahrungen, die dir vielleicht bei der Erfüllung deines Wunschs vom perfekten Gap Year im Ausland helfen.
Natürlich helfen dir meine Tipps auch, wenn du gerade deine Ausbildung oder dein Studium beendet hast oder wenn du einfach eine Weile arbeiten und gleichzeitig die Welt bereisen möchtest.
Welche Jobs kommen auf einem Kreuzfahrschiff in Frage?
Wenn du Deutsch sprichst, bist du natürlich besonders gefragt für Jobs im Gästebereich, wie zum Beispiel:
- in der Kinderbetreuung
- als Friseur*in
- im Shop
- im Spa- und Sportbereich, z.B. als Fitnesstrainer*in
- an der Bar
- als Ausflugsbegleiter*in oder Biker*in
- als IT-ler*in
- oder eben wie ich als Foto- bzw. Videograf*in
Bei den meisten Stellen wird eine Ausbildung im entsprechenden Bereich oder zumindest Berufserfahrung gefordert. Weitere Stellen gibt es im Housekeeping, der Provision – also dem Lager – oder in der Küche. Wenn du an Land schon im Entertainmentbereich gearbeitet hast – egal ob auf oder hinter der Bühne- gibt es ebenfalls coole Jobs für dich an Bord von Kreuzfahrtschiffen.
Was die meisten nicht wissen: Es gibt auch Ausbildungsplätze an Bord von Kreuzfahrtschiffen. Über sea chefs kannst du zum Beispiel in zwei Jahren entweder eine Ausbildung als Koch/Köchin oder als Hotel- und Gastgewerbeassistent/in machen. Hierbei verbringst du im Wechsel rund vier Monate an Bord und zwei Monate an Land.
Wie und wo bewerbe ich mich für eine Stelle auf einem Schiff?
Das kommt ganz darauf an, welchen Job du an Bord ausüben möchtest.
- für die meisten Jobs läuft die Bewerbung über sea chefs
- an Stellen im Foto- und Videoteam kommst du über CruiseVision
Bei CruiseVision habe ich mich beworben. Deshalb kann ich dir natürlich auch nur erzählen, wie dieser Bewerbungsprozess abläuft. Grundsätzlich ist eine Bewerbung bei Seachefs aber recht ähnlich. Spätestens sobald man an Bord ist, gibt es nur noch winzige Unterschiede. Crew ist Crew. Da spielt der Arbeitgeber keine große Rolle.
Beide Unternehmen vermitteln Mitarbeiter an folgende Kreuzfahrtschiffe:
- die Mein Schiff Flotte von TUI Cruises
- die Expeditionsflotte von Hapag-Lloyd Cruises
- die luxuriösen Kreuzfahrtschiffe von Phoenix Reisen
- weitere internationale Reedereien
- und Flusskreuzfahrtschiffe
Wenn du an Bord der AIDA Flotte arbeiten möchtest, kannst du dich direkt bei AIDA Careers bewerben.
Wie läuft der Bewerbungsprozess für einen Job auf dem Kreuzfahrtschiff ab?
An sich ist die Bewerbung recht unkompliziert.
- Du füllst eine Online-Bewerbung für deinen Wunschjob aus und schickst sie ab. Für einen Job im Fototeam ist natürlich eine gewisse Erfahrung erforderlich und du musst ein Portfolio einsenden.
- Bereits nach wenigen Tagen bekam ich eine Rückmeldung und wurde zu einem Online-Vorstellungsgespräch eingeladen. Das kann aber auch bis zu mehreren Wochen dauern. Je nach dem, wann und wofür du dich bewirbst, wirst du eventuell auch zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Einige Freunde von mir mussten deshalb nach zu einem Bewerbertag nach Hamburg reisen.
- Nach dem erfolgreichen Online-Bewerbungsgespräch bekam ich die Zusage und sogar gleich Routenvorschläge, die in mein angegebenes Zeitfenster fielen.
Ich hatte wirklich Glück, denn ich durfte sogar zwischen mehreren Kreuzfahrtschiffen wählen, darunter die Mein Schiff Herz im Mittelmeer und die Mein Schiff 2 oder 3 in der Karibik und Mittelamerika. Da musste ich nicht lange überlegen und suchte mir eines der beiden Kreuzfahrtschiffe in der Karibik aus. Oft wird man aber einfach einem Schiff zugewiesen und hat keine Wahl.
Am besten planst du dir also für den Bewerbungsprozess bis zu deinem gewünschten Aufstiegsdatum ein paar Monate Zeit ein.
Was sind die Voraussetzungen fürs Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff?
1. Keine Seekrankheit oder Klaustrophobie
Erstmal solltest du dir überlegen, ob die Arbeit auf dem Schiff wirklich zu dir passt. Sinnvoll ist natürlich, keine Probleme mit Seekrankheit oder engen Räumen zu haben. Auf dem Meer kann es auch mal schwanken und die Crew-Bereiche sind eng und teilweise auch unter der Wasseroberfläche – dessen sollte man sich bewusst sein.
2. Fließendes Englisch
Pflicht ist es auch, fließend Englisch sprechen zu können. Die Gäste sprechen zwar zum Großteil Deutsch, doch die Crew-Sprache an Bord ist Englisch, da es auch viele internationale Arbeitskräfte gibt.
3. Seediensttauglichkeit
Sobald du die Zusage hast, bekommst du zudem eine Liste an Unterlagen, die du für den Vertrag benötigst. Das wohl wichtigste Dokument ist das Seediensttauglichkeitszeugnis. Ein ganz schöner Zungenbrecher, oder? Ohne bestätigte Seediensttauglichkeit darf keiner auf hoher See arbeiten. Bei der Seediensttauglichkeitsuntersuchung wird geprüft, ob die gesundheitlichen Anforderungen an Seeleute erfüllt sind. Hierzu gehören unter anderem ein Sehtest und ein Hörtest. Das ist notwendig, weil jede an Bord arbeitende Person in der Lage sein muss, bei einem Notfall anderen und sich selbst helfen zu können. Das Zeugnis ist für zwei Jahre gültig.
Wenn du planst, zur See zu fahren, such dir am besten so früh wie möglich einen Arzt, der für die Feststellung der Seediensttauglichkeit zugelassen ist. Das ist an Deutschlands Küsten kein Problem. Bei uns im Süden Deutschlands war es eine echte Herausforderung, einen zugelassenen Arzt zu finden und noch rechtzeitig vor meinem geplanten Aufstieg einen Termin zu bekommen.
Alle weiteren Infos zur Seediensttauglichkeit findest du auf der Website der Deutschen Flagge.
4. Gültiger Reisepass
Bei Reiseantritt sollte dein Reisepass noch mindestens ein Jahr lang gültig sein. Lass ihn unbedingt rechtzeitig erneuern!
5. Impfungen
Um auf einem Kreuzfahrtschiff von TUI arbeiten zu dürfen, ist zwingend eine Gelbfieberimpfung vorgeschrieben. Je nach Reisegebiet können noch weitere Impfungen notwendig sein. Am besten, du erkundigst dich bei einem Tropenmediziner, was für dein geplantes Einsatzgebiet sinnvoll ist.
Für meine Reise in die Karibik habe ich mich zum Beispiel auf Anraten des Tropeninstituts auch noch gegen Tollwut impfen lassen, weil es dort viele Straßenhunde gibt. Und gegen Hepatitis.
6. (Sicherheits-)Trainings für die Arbeit an Bord
Vor dem Aufstieg aufs Kreuzfahrtschiff musste ich ein kostenpflichtiges Online-Sicherheitstraining absolvieren. Bei der Mein Schiff Flotte können die restlichen Trainings, die man als Crew benötigt, in den ersten zwei Arbeitswochen an Bord gemacht werden. Das Wissen wird anschließend in einem Test abgefragt. Bei Hapag-Lloyd oder Phoenix müssen alle Schulungen zuvor an Land in einer Art „Trainingscamp“ durchgeführt werden.
Zu den vorgeschriebenen Trainings gehören in erster Linie Sicherheitstrainings, zum Beispiel zu Brandschutz und Erster Hilfe, aber auch Präsentationen zum Umweltschutz.
Meine persönliche Checkliste mit Kosten
Hier noch mal zusammengefasst meine persönliche Checkliste vor Unterschrift des Vertrages mit Kosten:
- Passt die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff wirklich zu mir?
- Ist mein Reisepass lange genug gültig? Kosten neuer (Express-)Reisepass aktuell 69 Euro.
- Prüfung der Seediensttauglichkeit. Kosten ca. 80 Euro für das Zeugnis
- Absolvierung des Online-Sicherheitstrainings. Kosten ca. 116 US-Dollar
- Gelbfieberimpfung. Kosten ca. 90 Euro.
- Brauche ich noch weitere Impfungen (ggfs. weitere Kosten)?
Was muss ich zur Arbeit auf dem Schiff mitnehmen?
Hier findest du grob zusammengefasst alles, was ich alles dabeihatte:
1. Wichtige Reiseunterlagen / Dokumente
Impfpass, Reisepass und Seediensttauglichkeitszeugnis brauchst du im Original. Es kann auch nicht schaden, deinen Vertrag und Versicherungsdetails ausgedruckt mitzunehmen. Eventuell benötigst du auch Einreiseformulare, je nach Aufstiegsland. In der Dominikanischen Republik beispielsweise brauchte ich ein digitales Einreiseformular.
2. Reiseapotheke / persönliche Medikamente
An Bord gibt es zwar immer ein Bordhospital, insbesondere bei Reisezielen wie der Karibik oder Asien kommt es aber sehr häufig zu Medikamentenmangel, weil Bestellungen nicht schnell genug ankommen. Darum: Packe dir eine kleine Reiseapotheke mit dem Nötigsten ein.
- Meiner Erfahrung nach ist das wichtigste Medikament Ibuprofen. Schlafmangel und lange, stressige Arbeitstage führen oft zu Kopfschmerzen, gleichzeitig dient es als Fiebersenker.
- Nasenspray und oder Halstabletten solltest du auch einpacken. Durch die stark runterkühlenden Klimaanlagen an Bord kommt es extrem schnell zu Erkältungen. Vor allem, wenn man von der Wärme draußen an Bord kommt.
- Ein Thermometer ist auch immer praktisch.
- Nützlich sind auch Mittel zur Versorgung kleiner Wunden wie Desinfektionsspray, Bepanthen-Salbe, Pflaster und Verbandszeug.
- Auch Mückenschutz ist je nach Fahrtgebiet wichtig. Zumindest eine abschwellende Salbe wie Fenistil kann praktisch sein.
3. Kleidung an Bord / Uniform
Bei der Arbeit muss immer die passende Uniform getragen werden. In meinem Fall gab es eine Tages-bzw. Outdoor-Uniform bestehend aus beiger Hose und schwarzem T-Shirt in kurz oder lang und eine etwas schickere Abend- bzw. Seetag-Uniform mit dunkelblauer Bluse und Hose. Die Uniform bekommt man gestellt und sie wird auch für einen gewaschen.
Den Großteil des Tages verbringst du also in Uniform, nur in deinen Pausen oder nach Feierabend darfst du Privatklamotten tragen. Es macht daher keinen Sinn, viel zu viel einzupacken. Sport- und Schwimmzeug, lässige Kleidung für draußen reicht vollkommen. Ein schickeres Outfit fürs Theater kann auch nicht schaden.
Wenn du an Bord eines der TUI Schiffe bist, gibt es einmal pro Reise eine sogenannte „White Night“, da darf nur Weiß getragen werden. Nimm dir also ein weißes Outfit mit.
Wichtig: Sobald du sich im Gästebereich aufhältst, ist bauchfrei oder schulterfrei verboten. Trägertops und auch zu kurze Hosen sowie offene Schuhe sind hier nicht gerne gesehen. Außerdem musst du dein Namensschild rund um die Uhr tragen – im Gäste- und im Crewbereich.
Für besondere Events kann es auch mal spezielle Kleidung geben. Bei der White Night konnten wir als Fototeam natürlich nicht in unserer normalen, dunklen Uniform arbeiten, deshalb mussten wir uns hierfür weiße Kleidung abholen.
An Fasching zum Beispiel durften auch wir uns in ein Kostüm schmeißen. Die Idee unserer Managerin: Typisch Amerikanische Touristen, die wir sonst immer an Land zu sehen bekamen.
4. Sonstiges
Das wohl praktischste Utensil ist eine Wasserflasche. Überall an Bord gibt es Trinkwasserspender, die man frei benutzen darf. Warmhaltebecher oder Thermoskannen sind auch super, so kann man z.B. Kaffee mit ins Büro nehmen oder sich nachts auf der Kabine noch einen Tee machen, wenn die Mess (also die Schiffskantine) schon lange geschlossen hat.
Mein Tipp: Besorge dir – bevor du an Bord gehst – einen Kartenhalter, den du an der Hose befestigen kannst. Direkt bei der der Ankunft an Bord habe ich zwei Karten, meine Crew-ID und meine Safety Card bekommen. Diese kann man schnell mal verlieren, was alles andere als optimal ist.
Wissenswertes zum Leben und Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff
Wie und wo wohnt die Crew an Bord eines Kreuzfahrtschiffes?
Die am häufigsten gestellte Frage der Gäste lautet „Wo lebt denn die Crew?“. Manchmal auch „Lebt die Crew auch an Bord?“. In der Crew gibt es deshalb den Witz, entweder „Wir werden jede Nacht ausgeflogen und landen morgens wieder“ oder „Wir fahren im Tenderboot hinterher“ zu antworten.
Es stimmt aber tatsächlich, dass die Gäste außerhalb der Arbeit wenig von der Besatzung sehen. Natürlich nicht, weil die Crew nicht an Bord lebt, sondern, weil sie auf den Decks untergebracht ist, die die meisten Gäste nie zu Gesicht bekommen.
Die Crew-Kabinen
Auf der Mein Schiff 2 erstreckt sich der Gästebereich grob gesagt von Deck 3 bis 14 – natürlich mit Ausnahmen wie der Brücke und der Küche. Die Crew wohnt ganz unten, über den Maschinenräumen: auf Deck 1 und 2.
Bei TUI gibt es vier verschiedene Kabinentypen für die Crew. Doppelkabinen besitzen ein Stockbett und Bad. Die meisten Mitarbeiter wohnen in sogenannten Single-Share-Kabinen. Diese sind deutlich kleiner, dafür hat man aber eine eigene Kabine und nur ein geteiltes Bad in der Mitte. Wegen des Klappbettes haben wir sie auch liebevoll „Laptop-Kabinen“ genannt.
Wer „Streifen“ hat, zieht in eine große Kabine. Die sogenannten Offizierskabinen haben ein eigenes Bad und sind größer als Single-Share-Kabinen. Der nächstgrößere Kabinentyp besitzt ein kleines Fenster. In den restlichen Kabinen gibt es kein natürliches Licht.
Gut zu wissen: Wie auch an den Kabinen deutlich wird, gibt es an Bord eine teils recht ausgeprägte Hierarchie. Alle Mitarbeiter in höheren Positionen, also zum Beispiel Manager oder Offiziere, tragen Streifen – der Kapitän mit vier Streifen am meisten.
Die Wohnbereiche der Crew sind übrigens mit Straßennamen und Nummern versehen. So kann man sich von Anfang an merken, wohin man laufen muss. Das Schiff kommt einem in den ersten Tagen wie ein Labyrinth vor, da ist es gut, wenn man zumindest seine eigene Kabine findet.
Was gibt es sonst noch im Crewbereich?
Im Crewbereich gibt es ein kleines Gym und das Chillax (ein kleiner Raum, in dem man abhängen oder telefonieren kann). Essen bekommt man in der Mess, also der Schiffskantine. Hier gibt es fast den ganzen Tag bis spät in die Nacht ein Buffet. Der kleine Coffee-Shop auf Deck 2 ist perfekt für eine kleine Kaffeepause oder um das Wichtigste einzukaufen. Im Sortiment ist alles von Snacks über Hygieneartikel bis hin zu Wein oder Bier. Auf Deck 1 stehen übrigens auch kostenlose Waschmaschinen und Trockner zur Verfügung.
Meine Lieblingsorte sind mit Abstand die Crewbar und das Crewdeck geworden. In der Crewbar wird oft gefeiert, insbesondere bei Pre-Embarkation, also am Abend bevor alte Crewmitglieder absteigen und neue ihren Vertrag beginnen. Auch an Geburtstagen ist es hier immer recht voll.
Wenn richtig viel los ist, verlagern sich die Partys oft aufs Crewdeck. Das Deck ganz vorne am Bug eignet sich nachts hervorragend, um die Sterne zu beobachten. Tagsüber ist es der perfekte Ort für ein kleines Nickerchen in einer der Hängematten.
Hat man Internet an Bord eines Kreuzfahrtschiffs?
Das Thema Internet bin ich etwas blauäugig angegangen. Ich dachte mir einfach, entweder es hat Wlan oder halt nicht, ohne mir vor meinem Aufstieg groß Gedanken darüber zu machen.
Direkt am ersten oder zweiten Tag bin ich zum Crew Office gegangen und habe meine Kreditkarte bei meiner Crew-ID hinterlegt. Mit der Crew-ID bezahlst du übrigens an Bord – Bargeld gibt es nicht. Grundsätzlich gibt es an Bord Internet, es ist jedoch kostenpflichtig. Das Crew-Wlan reicht aus, um Nachrichten zu empfangen oder zu senden. Bei Instagram wird es schon knapp. Als Beispiel: An einem Tag, an dem das Internet besonders schlecht war, hat eine Instagram-Story ungefähr 12 Stunden geladen, bis sie gepostet war. Auch telefonieren ist eher schwierig. Um bestimmte Uhrzeiten, zum Beispiel mitten in der Nacht oder früh morgens kann man Glück haben. Abends, wo mehr Crewmitglieder am Handy sind, brechen Anrufe ständig ab.
Je nach Fahrtgebiet kannst du aber an Land ganz normal deine Handy-Flat benutzen. In der Karibik beispielsweise ging das auf Martinique, da die Insel zu Frankreich und damit zur EU gehört. Du findest du schnell heraus, wo du an Land dein Handy benutzen kannst und wo es teuer wird.
Tatsächlich fehlt es aber nicht wirklich, jederzeit Soziale Medien oder Streaming Dienste benutzen zu können. Im Gästebereich oder bei der Arbeit darfst du sowieso nicht am privaten Handy sein. Die Pausen habe ich lieber mit meinen Freunden verbracht.
Wie sieht es mit der Freizeit beim Arbeiten auf einem Schiff aus?
Egal in welcher Abteilung du arbeitest, auf einem Schiff hat man sehr lange Arbeitszeiten. Oft von früh morgens bis spät abends. Bei uns im Fototeam haben wir oft erst um 10 oder 11 Uhr Feierabend gemacht. Barkeeper zum Beispiel arbeiten bis spät in die Nacht und auf der Brücke muss rund um die Uhr jemand anwesend sein. Freie Tage gibt es nicht. Man verbringt also deutlich mehr Zeit am Arbeitsplatz, als irgendwo anders.
Gerade wenn man so viel arbeitet, braucht man zum Ausgleich neben der Arbeit noch ein Sozialleben. Deshalb haben meine Freunde und ich viele Abende in der Crewbar verbracht oder uns noch zu einem Mitternachtssnack in der Mess verabredet. Wenn wir dafür schon zu müde waren, haben wir uns meistens auf der Kabine noch einen entspannten Film-Abend mit Instant-Ramen veranstaltet. Das gibt es im Coffee-Shop für die Crew günstig zu kaufen.
Natürlich arbeitet man, wenn man um acht Uhr morgens anfängt, in den meisten Fällen nicht am Stück bis abends durch. In der freien Zeit kann man lokale Restaurants und Cafés ausprobieren, einkaufen gehen oder mit dem Taxi an nahegelegene Strände fahren.
In Kürze erzähle ich dir auch noch über die Karibischen Inseln, die ich während meiner Arbeit auf dem Kreuzfahrtschiff besucht habe.
Wie viel sieht man von den Ländern, die man bereist?
Da man nun mal in erster Linie zum Arbeiten an Bord kommt, hatte ich teilweise wirklich das Gefühl, von manchen Inseln nicht viel gesehen zu haben.
Ein bisschen kommt es natürlich auch auf den Job auf dem Kreuzfahrtschiff an, wie viel man vom Reiseziel wirklich kennenlernen kann. In manchen Bereichen verlässt du jeden Morgen mit Gästen das Schiff und siehst dementsprechend viel von der Umgebung. Als Fotografin hatte ich auch immer mal wieder das Glück, einen Gästeausflug zu begleiten. Daher habe ich von anderen Inseln wiederum sehr viel gesehen.
Ab und zu gibt es auch Crew-Excursions, bei denen Crewmitglieder die Möglichkeit bekommen, ähnliche Ausflüge wie die Gäste zu machen. Diese müssen allerdings auch mit den Arbeitsplänen vereinbar sein. Auf St. Maarten hat das bei mir tatsächlich geklappt.
Lesetipp: Christian von My Travelworld wohnt in der Karibik und kann dir mehr über die einzelnen karibischen Inseln erzählen.
Würde ich es dir empfehlen, auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten?
Dass mein nächster Vertrag schon geplant ist und hoffentlich ich in ein paar Tagen wieder aufs Schiff aufsteige, ist wohl Antwort genug, oder?
Auf einem Schiff zu arbeiten, ist anstrengend und mit Sicherheit nicht für jeden das Richtige. Als ich ankam, hat es ein paar Tage gedauert, mich zurechtzufinden, aber schon nach kürzester Zeit ist das Schiff zu meinem Zuhause geworden. Ich habe dort Freunde fürs Leben gefunden, die die Zeit auf dem Meer unvergesslich gemacht haben. Trotz der wenigen Freizeit habe ich wahnsinnig schöne Orte gesehen und einen Einblick in fremde Kulturen bekommen. Nicht umsonst sagt man: „Wir arbeiten dort, wo andere Urlaub machen“.
Nur eines muss dir bewusst sein: Zur See zu fahren macht süchtig!
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4 Kommentare
Liebe Fee,
dein Erfahrungsbericht über dein Gap Year auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik hat mich wirklich inspiriert. Nach dem Abitur stand auch ich vor der Frage, wie ich meine Zeit bis zum Studium sinnvoll nutzen könnte. Deine Reiseerlebnisse und Tipps zeigen mir, dass es nicht immer der klassische Weg sein muss, den viele nach dem Abschluss einschlagen.
Die Idee, auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten, ist wirklich spannend. Die Vielfalt an möglichen Jobs an Bord hat mich überrascht – von der Kinderbetreuung über das Entertainment bis hin zur Fotografie gibt es eine Menge interessanter Möglichkeiten. Es scheint, als ob es für jeden etwas Passendes gibt.
Liebe Fee,
auch ich, in ein paar Tagen 45 Jahre alt, habe mich entschlossen als Fotograf auf Kreuzfahrt zu gehen. Vor ein paar Tagen habe ich die Bewerbung an Cruise Vision geschickt und gleich ein paar Stunden später einen Anruf erhalten. Nächste Woche ist dann das Online Vorstellungsgespräch. Gern würde ich von Dir etwas mehr zum Thema erfahren. Ich würde mich freuen, wenn Du Dir die Zeit nimmst um mit mir mal in Kontakt zu treten. Per Mail oder per Telefon … Die Kontaktdaten findest Du auf meiner Webseite… http://www.wenn-die-sonne-lacht-nimm-blende-acht.de … Ich hoffe, du hattest bei Lesen, des langen Webseitennames ein Lächeln im Gesicht. Ich danke Dir auf alle Fälle für die tollen Informationen und Eindrücke auf Deiner Webseite.
Vielen Dank für diesen interessanten und inspirierenden Artikel! Mich würde interessieren, wie es mit der Freizeit für jene aussah, die in anderen Berufen gearbeitet haben. Hatten beispielsweise Küchenmitarbeiter aufgrund der ständigen Arbeitsbelastung weniger Zeit für Erholung und Ausflüge? Und wie viel offizielle Freizeit hatten Sie selbst bei einem so anstrengenden Tagesablauf?
Liebe Daria,
alle an Bord Arbeitenden hatten so 10-12 Stunden Tage. Die Arbeitszeiten variieren natürlich je Abteilung, in der Regel hat aber jeder ungefähr gleich viel Freizeit und die Möglichkeit, an Crew-Ausflügen teilzunehmen. Ich als Fotografin hatte meistens eine Mittagspause von 3-4 Stunden.
Viele Grüße,
Fee