Ich wurde als Baby vertauscht. Da sind sich meine Eltern einig. Wie sonst ist es möglich, dass ich so anders bin als der Rest meiner Familie? Ich muss ein besonderes Gen besitzen, das sonst keiner von ihnen hat und das mich immer wieder in die Ferne zieht. Wem geht es genauso?
Sabine von Ferngeweht hat zur Blogparade „Reisen verändert“ aufgerufen. Da mache ich gerne mit diesem Beitrag mit, der wohl mein bisher persönlichster ist. Ich verrate Dir, wie das Reisen mich und uns als Familie verändert hat.
Inhalt
Kindheit zwischen Heimatliebe und Fernweh
Für die einen ist es undenkbar, jemals ihre Heimat zu verlassen. Auf die anderen – wie mich – übt die große, weite Welt einen unbändigen Reiz aus. Obwohl ich meine Heimat liebe, habe ich doch immer Fernweh. Das hat mein Umfeld schon in meiner Kindheit zu spüren bekommen. Meine Mutter erzählt noch heute, wie ich als kleines Mädchen meinen Puppenkoffer gepackt habe, um bei meinen Großeltern zu übernachten. Als Sechsjährige überredete ich meine Freundin, gemeinsam mit mir auszuwandern. Weit sind wir beide damals nicht gekommen – unsere Eltern haben uns kurz nach dem Ortsschild wieder aufgegabelt.
Meinen Eltern fehlt dieses „Reise-Gen“ vollkommen. Sie sind sehr heimatverbunden. Deshalb scherzen sie bis heute, dass ich wohl als Baby im Krankenhaus vertauscht wurde. Früher verreiste meine Familie maximal fünf Tage im Jahr zum Wandern ins Gebirge. Diesen Wanderurlaub habe ich als Kind mindestens so akribisch geplant, wie andere eine Weltreise. Mit Packlisten, Reiseproviant und Reisetagebüchern. Das Fernweh plagte mich jedes Mal schon Wochen vorher.
Reisen erweitert den Horizont
Kein Wunder also, dass ich später am Gymnasium mit Begeisterung beim Schüleraustausch mit Frankreich dabei war. Meine entzückende Gastfamilie hatte ein winziges Haus. Um ihrer Tochter diesen Austausch zu ermöglichen, rückten sie enger zusammen und stellten mir ihr eigenes Schlafzimmer zur Verfügung. Das hat mich wirklich sehr berührt.
Auch meine Studienwahl war für mich schnell klar: es musste was mit Sprachen sein und mindestens ein Pflichtsemester im Ausland beinhalten. Das hat dann zum Glück auch geklappt. So konnte ich zwei geniale Semester in Frankreich und in der Schweiz verbringen. In Paris wohnte ich bei einer älteren jüdischen Dame. Sie erzählte mir später, dass die Deutschen im Zweiten Weltkrieg ihre Familie getötet hatten. Und trotzdem ließ sie mich bei sich wohnen.
Diese Erfahrungen haben mir gezeigt, wie wichtig die deutsch-französische Freundschaft und ein gemeinsames Europa für uns alle auch noch heute sind.
Unterwegs Freunde fürs Leben finden
In Zürich wohnte ich in einem Studentenhaus mitten in der Stadt. Wir waren eine kunterbunte Gruppe aus aller Welt. Bei unseren gemeinsamen Mahlzeiten herrschte ein wildes Durcheinander an Sprachen. Wir bekochten uns mit landestypischen Gerichten und hatten einfach viel Spaß miteinander. Eine interkulturelle Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
In dieser Zeit lernte ich auch meinen Mann kennen, der zum Glück ebenfalls das „Reise-Gen“ in sich trägt. Gemeinsam bereisen wir seither die Welt. Wo wir überall waren, kannst Du in unserer Reise-Biographie lesen.
Auf Reisen sich selbst kennenlernen
Wer eine Zeitlang alleine im Ausland lebt, lernt auch viel über sich selbst. Zum einen ist das diese absolute Freiheit, zum ersten Mal auf eigenen Beinen zu stehen. Auch wenn nicht alles auf Anhieb reibungslos läuft. Es gibt viele Stolpersteine im Alltag. Vieles läuft anders als in der Heimat. Man wird gezwungen, seine persönliche Komfortzone zu verlassen. Dafür kann man dann umso stolzer sein, alles ganz alleine gemeistert zu haben. Diese Erfahrungen geben Selbstvertrauen.
Die Liebe zur Heimat entdecken
Erstaunlicherweise entwickelt man in der Ferne auch eine ungeahnte Heimatliebe. Durch die Fragen der anderen erfährt man mehr darüber, wie das eigene Land in der Fremde gesehen wird. Man lernt die Vorteile und Annehmlichkeiten schätzen, die man sonst als selbstverständlich erachtet. Zum Beispiel in Sicherheit und Frieden leben zu dürfen oder ein recht gut funktionierendes Sozialsystem.
Vererbt sich das Reise-Gen?
Mit der Geburt eines Kindes verschwindet das Fernweh nicht. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Es wird vielleicht anfangs überlagert von der Sorge um dieses kleine Wesen. Sehr bald haben wir unsere Kinder aber mit auf die Reise genommen. Zuerst innerhalb Europas und dann auch nach Nordamerika.
Die Welt durch Kinderaugen neu entdecken und ihre Schönheit bewahren
Mit Kindern zu Reisen ist einfach wunderbar. Sie erleben alles neu und aus einer herrlich unverstellten Perspektive. Kindern fällt nicht auf, ob Menschen eine andere Hautfarbe haben, sie achten nur auf den Menschen selbst. Sie haben eine unbändige Entdeckerfreude, die uns oft ansteckt.
Wir lieben es, unseren Kindern zu zeigen, wie bunt, einzigartig, kostbar unsere Erde ist. Aber auch wie fragil und schützenswert. Während die Touristenzentren sich hübsch präsentieren, finden sich an anderen Orten oftmals riesige Müllberge und die Zerstörung der Natur tritt zutage. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, so klein er auch sein mag, unsere Natur zu schützen.
Von Wurzeln….
Solange deine Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie größer werden, schenk’ ihnen Flügel.
Khalil Gibran
Das mit den Wurzeln ist recht einfach. Das mit den Flügeln hingegen schon deutlich schwerer. Was machst Du, wenn Dein fünfzehnjähriger Sohn verkündet, dass er ein Semester in Kanada zur Schule gehen will? Wir haben seinen Traum unterstützt und ihn für ein halbes Jahr ziehen lassen. Nach dem Familienurlaub in Westkanada haben wir ihn in Vancouver zum Flughafen gebracht. Von dort aus ist er in sein Abenteuer an der Ostküste Kanadas gestartet. Beim Check-in drehte sich mein Großer um und meinte, er hätte nie gedacht, dass wir ihn tatsächlich gehen lassen. Da konnte ich natürlich ein paar Tränen nicht verdrücken. Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, beim Abschied nicht zu weinen.
…und Flügeln
Wer sein Kind ins Ausland ziehen lässt, muss sich bewusst sein, dass nicht dasselbe Kind zurückkommt. Nach dem halben Jahr nahmen wir unseren Sohn in Frankfurt in Empfang. Etliche Zentimeter größer und vor allem innerlich unglaublich gewachsen. Kein Kind mehr, sondern ein junger Erwachsener. Um viele Erfahrungen reicher und mit ganz eigenen Ansichten. Und mit einem Netzwerk an Freunden in aller Welt.
Schon jetzt ist ihm klar, dass er nach dem Abi ins Ausland gehen möchte. Das Reisefieber haben wir ihm also auf jeden Fall vererbt.
Wie das Reisen verändert und vom Mut, noch einmal neu durchzustarten
Ohne unsere Reisen und Erfahrungen in der Fremde wären wir nicht die, die wir heute sind. Ich möchte kein Erlebnis und keine Freundschaft missen, die wir dadurch gewonnen haben.
Und ohne unsere Reisen würde ich nicht bloggen und hätte viele liebe Reiseblogger-Kollegen nie kennengelernt. Schau doch mal, wie das Reisen sie verändert hat. Hier findest Du einige spannende Beiträge zu Sabines Blogparade:
Eva von Miriam und Eva unterwegs berichtet über ihre Erfahrungen in Südamerika.
Barbara von Reisepsycho teilt ihre Lern- und Selbsterfahrungen mit uns.
Alexandra von Levartworld verrät, warum Reisen nicht glücklich macht.
Gina von 2 on the Go schwelgt in Kindheitserinnerungen ans Reisen.
Vor kurzem habe ich mich auch beruflich auf eine neue Reise begeben: Als Study Abroad Advisor an einer Hochschule gebe ich meine Erfahrungen weiter und berate Studierende rund ums Auslandsstudium. Passt das nicht hervorragend zu meinem „Reise-Gen“?
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22 Kommentare
Was für ein schöner Artikel! Da kommt so viel zusammen, was für mich das Reisen auch ausmacht: Freundschaften fürs Leben, mit offenen Augen neues erleben, Gastfreundschaft annehmen können sind ein paar der entscheidenden Aspekte, wie Reisen verändert, finde ich. Schön, dass Du dieses Gen hast! :-)
Vielen Dank für Deine netten Worte! Ich freue mich sehr, dass Du Dich in meinem Artikel wiederfindest.
Herzliche Grüße von Sanne
Herzlichen Glückwunsch zum Reise-Gen :-) Ich kenne das auch, wobei es mir bereits in die Wiege gelegt wurde. Danke für den schönen Beitrag zu meiner Blogparade.
Vielen Dank liebe Sabine! Bei Deiner genialen Blogparade musste ich einfach mitmachen.
Viele Grüße von Sanne
Liebe Sanne!
Das ist ja ein wirklich wundervoller Artikel mit super stimmigen Fotos! Wahre Worte <3
Liebe Grüße
Ines und Thomas
Dankeschön Ihr Lieben! Freut mich sehr, dass Euch mein Artikel und die Bilder gefallen.
Liebe Grüße zurück,
Sanne
Ganz toller Artikel, liebe Sanne.
Reisen verändert, die Sicht auf die Welt und die Sicht auf sich selbst. Wie wahr.
Liebe Grüße
Dagmar
Hallo Sanne,
vieles kann ich nur bestätigen! Ich reise für mein Leben gern und in jeder freien Zeit. Erinnerungen kann niemand wegnehmen, Freundschaften über alle Grenzen hinweg über viele, viele Jahre. Das ist es, was mich immer wieder in die weite Welt hinaus treibt. Hoffentlich noch lange!
Liebe Grüße
Gabriela
Wir reisen auch sehr gerne und wir sind uns auch jedes Mal einig, dass uns unsere Reise reicher gemacht hat und uns verändert hat. Wir hoffen, wir können noch ganz viel von unserer herrlichen Welt sehen. Ein sehr schöner Beitrag, bei dem ich viele Parallelen zu mir ziehen konnte.
Liebe Grüße
Charnette
Ich musste auch ein wenig schmunzeln beim Lesen, wie du ja auch schon gesagt hast, haben wir echt einige Parallelen aufgegriffen. Und ich habe mich kurz gehalten, hätte so viel mehr schreiben können. Bin komplett bei dir, bei dem was du angesprochen hast
<3
hehe ich wurde als Baby zwar nicht vertauscht, aber bei uns hat das eindeutig eine Generation übersprungen :D Ich komme eindeutig mehr nach meinen Großeltern müttlerlicherseits als nach meinen Eltern :D
Das Reise-Gen fehlt meinen Eltern in diesem Sinne auch, dafür haben sie mir eine komplette Kindheit im Ausland ermöglicht. Somit brauchte ich nie reisen – als Kind.
Doch geprägt hat es trotzdem und somit reise ich nun ständig und habe das auch an meine Kinder “vererbt”
Liebe Grüße, Katja
Das hast du ja wunderschön zusammengefasst. Reisen ist kulturell und sicher auch für die persönliche Entwicklung enorm wichtig. Trotzdem: Wir alle sind uns gar nicht richtig bewusst, was für ein unglaubliches Privileg es ist, in jeden Winkel der Welt reisen zu können. Und welchen ökologischen Fußabdruck wir dabei hinterlassen. Denn ohne touristische Infrastruktur reist heutzutage wohl kaum noch jemand. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Reisen in den nächsten Jahren entwickeln wird und hoffe sehr, dass es schnell nachhaltiger wird – ansonsten werden unsere Kinder und Enkel wohl entweder nicht mehr unbeschwert verreisen können oder es gar nicht mehr wollen, weil die Welt nichts Schönes mehr zum Entdecken bereithält :-/
Liebe Grüße
Jenny
Ich verstehe dich. Ich bin auch als Kind eher alleine verreist, da es mich schon immer in die “Ferne” gezogen hat. Ich war schon immer neugierig auf alles vor der Haustür und weiter weg… ;) Ich versuche das Reisegen auch an den Nachwuchs zu vererben… dort wird das Ganze mal mehr, mal weniger enthusiastisch aufgenommen. ;) Aber ich denke, etwas hängen bleibt später trotzdem. Die Offenheit und die Neugierede ist natürlich schon sehr zu merken… mal sehen, wohin die Reise noch geht.
Viele Grüße,
Tanja
Hallo Sanne,
toller Beitrag.
Interessant, dass du schreibst, in der Ferne die Liebe zur Heimat gefunden zu haben.
Vielleicht dauert es eine Weile bis man an diesem Punkt ankommt, oder die Sehnsucht nach Neuem und Unbekannten wird erst mal noch lange Zeit größer.
Bei mir ist es genau anders: ich merke durch die vielen Reisen, dass unser Platz irgendwo anders auf der Welt ist.
Liebe Grüße
Isabel
Ach je, manchmal gibt es Artikel, die könnten von einem selbst sein ich finde bei dir und mir ganz viel Parallelen.meine Mutter sagt heute noch zu mir: Die Reisesucht hast du nicht von mir. Und was du über Reisen mit Kindern gesagt hast – da kann ich nur jedes Wort unterschreiben.
Das hast du so schön zum Ausdruck gebracht, das trifft viele meiner Gedanken. Danke für den schönen Artikel! :)
Und auch wenn man vielleicht anders ist als der Rest der Familie, findet man doch auch immer Gleichgesinnte. LG
Dankeschön für das Lob, liebe Anna. Das stimmt, Reisen verbindet!
Viele liebe Grüße von Sanne
Was für ein toller Artikel! Wirklich interessant geschrieben :)
Mir geht es auch ähnlich was die Familie und das Fernweh betrifft. Wir sind momentan auf unserer mehrmonatigen Europareise unterwegs und bei jedem Anruf nach Hause werde ich gefragt, ob ich denn wirklich immer noch kein Heimweh habe.
Liebe Grüße
Ihr Glücklichen – wie schön muss es sein, mehrere Monate am Stück reisen zu können! Das würden wir auch zu gerne mal machen.
Ganz viele tolle Erlebnisse wünsche ich Euch und viele Grüße an Jack!
Sanne
Liebe Susanne,
ein soo schöner Artikel!!! Ich bin fest davon überzeugt, dass wenn Reisen nicht vererbt werden kann, dann muss es ein Virus sein. Bei uns ist die ganze Familien infiziert.
Liebe Grüße
Alex
Tausend Dank liebe Alex! Dann geht es Dir wie uns – wir sind alle komplett reiseverrückt.
Ich wünsche Euch noch ganz viele tolle Reiseerlebnisse.
Liebe Grüße von Sanne